Brille finanzieren, Zuzahlungen streichen: Nationale Armutskonferenz fordert gute Gesundheitsversorgung auch für einkommensarme Menschen

01. Februar 2018 Anlässlich der Koalitionsverhandlungen fordert die Nationale Armutskonferenz (NAK) CDU/CSU und SPD auf, den Interessen einkommensarmer Menschen bei der Gesundheitsversorgung Priorität einzuräumen.

„Gesundheit ist ein Menschenrecht. In den Koalitionsverhandlungen spielt das Thema ‚gerechte Gesundheitsversorgung‘ seit langem endlich wieder eine Rolle. Die Einführung der paritätischen Finanzierung der Krankenkassen ist ein wichtiger Schritt hin zu einem solidarischen Gesundheitssystem.“ sagt Barbara Eschen, Sprecherin der NAK und Direktorin der Diakonie Berlin-Brandenburg- schlesische Oberlausitz. Für sozial benachteiligte Menschen, die von Hartz IV ihre Existenz sichern müssen, sei dies jedoch keine ausreichende Lösung.

Das Gesundheitsbudget im Regelsatz von 15,80 Euro pro Monat ist viel zu gering. „Davon können sich die Menschen weder eine Brille noch Zahnersatz leisten“, kritisiert Eschen. Auch das Ernährungsbudget – für ein 5-jähriges Kind werden beispielsweise 2,80 Euro pro Tag bemessen – lässt eine gesunde Ernährung nicht zu. „Gesundheit und gesunde Ernährung dürfen nicht vom Geldbeutel abhängen“, sagt die NAK-Sprecherin. Deshalb fordert die NAK, für Hartz-IV-Empfänger und Geringverdiener die Eigenbeteiligungen wie beispielsweise bei Rezeptgebühren, Zuzahlungen bei physiotherapeutischen Maßnahmen und Krankenhausaufenthalten zu streichen.

Zudem müsse die Finanzierung einer Sehhilfe nach dem 18. Lebensjahr dringend wieder von den Krankenkassen als Regelleistung übernommen werden. „Es ist paradox, dass beispielsweise die Behandlungskosten eines Unfalls aufgrund einer Sehschwäche bezahlt werden, die Anschaffungskosten einer Brille jedoch nicht übernommen werden“, kritisiert der Sprecher der AG Gesundheit in der NAK, Prof. Gerhard Trabert.

Auch die oft sehr hohe Eigenbeteiligung trotz Härtefallregelung bei Zahnbehandlungen müsse gesenkt werden. „Sozial benachteiligte Menschen müssen sich genau wie alle anderen auch gesunde Zähne leisten können. Soziale Herkunft darf nicht am Zahnstatus erkennbar sein“, betont Trabert. Die Koalitionsverhandlungen seien ein guter Zeitpunkt für die Politik zu reagieren und die Gesundheitsversorgung sozial gerecht zu gestalten.

Hintergrund:
Die Nationale Armutskonferenz ist ein Zusammenschluss aus Verbänden der Freien Wohlfahrtspflege, dem Deutschen Gewerkschaftsbund und deutschlandweit tätigen Fachverbänden und Betroffeneninitiativen. Die nak hat sich 1991 gegründet und ist die deutsche Sektion des European Anti Poverty Network (EAPN).

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Ute Burbach-Tasso
Pressesprecherin der Nationalen Armutskonferenz
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