Berlin, 08. März 2020. Anlässlich des Internationalen Frauentages am 08. März erklärt der Sprecher der nak Gerwin Stöcken:
„Armut hat immer noch viel zu oft ein weibliches Gesicht. Sowohl in jungen Jahren als auch im Alter sind Frauen deutlich stärker armutsgefährdet als Männer. So vielfältig die Lebenslagen von Frauen sind, so einheitlich ist das Armutsrisiko. Besonders der eingeschränkte Zugang zu existenzsichernden Arbeitsplätzen und die Tatsache, dass Arbeitsmarkt-, Familien- und Sozialpolitik sich immer noch stark an traditionellen Familienmodellen orientieren, führt für viele Frauen in die Armutsfalle.“
„Ein wesentlicher Grund für diese fortbestehenden Unterschiede ist die ungleiche Aufteilung der unbezahlten Arbeit in Familie und Haushalt – etwa für Kinderbetreuung und Pflege. Wie eine jüngst veröffentlichte Studie der Hans-Böckler-Stiftung zum Stand der Gleichstellung von Frauen und Männern in Deutschland zeigt, macht unbezahlte Arbeit bei Frauen 45 Prozent an der Gesamtarbeitszeit aus. Bei Männern sind es hingegen nur 28 Prozent, auch wenn Männer zum Beispiel bei der Pflege langsam mehr Aufgaben übernehmen. Um Familie und Erwerbsarbeit unter einen Hut zu bringen, arbeiten Frauen gut viermal so häufig Teilzeit wie Männer“, so Stöcken weiter.
In einem gemeinsamen Aufruf forderten die nak und die Landesarmutskonferenzen deshalb bereits in der Broschüre „Armutsrisiko Geschlecht“ konkrete Maßnahmen zur Bekämpfung von Frauenarmut: Es gilt erstens den Gender-Pay-Gap zu schließen, das heißt mehr Vollzeitjobs für Frauen und gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit. Zweitens müssen Berufe, in denen vorwiegend Frauen tätig sind, wie der Einzelhandel und das Sozial- bzw. Gesundheitswesens, dringend monetär aufgewertet werden. Und drittens darf die Sorgearbeit für Kinder oder zu pflegende Angehörige nicht länger die Ursache dafür sein, in Armut zu geraten. Dafür braucht es im Steuer-, Sozial- und Familienrecht einen angemessenen Familienlastenausgleich. Das Ehegattensplitting muss einer Individualbesteuerung mit einem übertragbaren Grundfreibetrag weichen und eine neue bedarfsdeckende einheitliche Geldleistung für alle Kinder geschaffen werden.
Der Aufruf „Armut von Frauen in Deutschland nicht länger hinnehmen!“ ist Teil der nak Broschüre „Armutsrisiko Geschlecht“. Die Broschüre finden Sie hier.
Zum Hintergrund:
Seit über 100 Jahren findet am 8. März der Internationale Frauentag statt. Auch wenn sich die Rolle der Frau in der Gesellschaft seit 1911 gewandelt hat, wird der Tag dafür genutzt, um auf bestehende globale Probleme aufmerksam zu machen. Die Nationale Armutskonferenz (nak) ist ein Bündnis von Organisationen, Verbänden und Betroffenen-Initiativen, die sich für eine aktive Politik der Vermeidung und Bekämpfung von Armut einsetzen. Die Verbesserung von Teilhabe und Partizipation für alle Menschen, unabhängig von ihrem Einkommen, ihren sozialen, kulturellen oder individuellen Merkmalen, ist eines der zentralen Ziele der nak.